Anwendungsbeispiel 2 NMR-Spektroskopie
Institut für Anorganische und Analytische Chemie, Dr. Carsten Knapp
Untersuchung des Verlaufs der Chlorierung von [B12H12]2− mittels 11B-NMR-Spektroskopie
Der Verlauf der Chlorierung wurde mittels 11B NMR untersucht. Im Gegensatz zu früheren Berichten wurde festgestellt, dass das Fehlen der B-H-Schwingung im IR-Spektrum nicht geeignet ist, um die Vollständigkeit der Chlorierung festzustellen. Da die B-H-Schwingung mit zunehmenden Verlauf der Chlorierung immer schwächer wird, kann diese nicht mehr beobachtet werden, auch wenn die Chlorierung noch unvollständig ist. In Bild 1 werden die 11B NMR-Spektren von [B12H12]2− und [B12Cl12]2− zusammen mit mehreren 11B NMR-Spektren von Proben gezeigt, die der Reaktionsmischung während der Chlorierung über einen Zeitraum von 40 h entnommen wurden. Die Spektren der Zwischenstufen weisen zwei unterschiedliche Regionen für die H- und Cl-gebunden Boratome auf, die bei fortschreitender Chlorierung zu höherem Feld verschoben werden.
Bild 1: 11B-NMR-Spektren in D2O über einen Zeitraum von 40 h von Proben,
die der Reaktion von Na2[B12H12] mit Cl2 in H2O entnommen wurden
Der genaue Mechanismus der Chlorierung ist unbekannt, es wurden jedoch elektrophile Substitution und elektrophil-induzierte nukleophile Substitution (EINS) vorgeschlagen. Die Stereochemie der Substitution und das dazugehörige Substitutionsmuster für die Chlorierung wird in der Fachliteratur kontrovers diskutiert. Eine NMR-spektroskopischen Untersuchung der Zwischenprodukte der Chlorierung wurde mit Hilfe von 11B–11B COSY-Spektren (s. Bild 2) durchgeführt.
Bild 2: 11B–11B COSY-Spektrum
COSY (engl. correlation spectroscopy)
Zweidimensionale Methode, bei der gleichartige Kerne (1H oder wie hier 11B) über ihre skalaren Kopplungen miteinander korreliert werden. COSY-Spektren sind symmetrisch bezüglich der Diagonalen. Mit COSY können komplizierte Kopplungsmuster räumlich entzerrt werden.
Bild 3: Kristallstruktur von [CPh3]2[B12Cl12]·2SO2
Bild 3 zeigt das vollständig chlorierte [B12Cl12]2−Anion in der Molekülstruktur des Salzes [CPh3]2[B12Cl12]·2SO2.
Quelle: Dr. Carsten Knapp, bis 2011 am Institut für Anorganische und Analytische Chemie, Universität Freiburg.
Dieses Anwendungsbeispiel stammt aus der Publikation "V. Geis, K. Guttsche, C. Knapp, H. Scherer, R. Uzun, Dalton Trans. 2009, 2687 - 2694" .
Die NMR-spektroskopischen Untersuchungen wurden von Dr. Harald Scherer durchgeführt.